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Tellington TTouches® für Kids

TTouches zuerst aneinander ausprobieren. Natürlich mit Einverständnis des anderen. Nicht alle wollten mitmachen und das ist okay!
TTouches zuerst aneinander ausprobieren. Natürlich mit Einverständnis des anderen. Nicht alle wollten mitmachen und das ist okay!

Kurzer Kurs. Langer Bericht! Aber ein Thema, das mir am Herzen liegt.

 

Als Martina Grießner von der Team Pony-Schule Poppichl mich einlud, während ihrer Ferienbetreuungswoche einige TTouches zu erklären, fand ich die Idee super. Es war ihr wichtig, den Kindern zu zeigen, dass Ponys nicht nur für ihre eigene Bespaßung existieren. Da ich vor einigen Jahren auch Reitpädagogik-Einheiten mit meinen Pferden gemacht habe, konnte ich diesen Gedanken gut nachvollziehen. Und so machte ich mich an die Vorbereitung.

 

Eines der neun TTouch-Elemente ist die Feedback-Skala. Bei Pferden berufen wir uns dabei auf ihre Mimik und Körpersprache. Bei Menschen verwenden wir eine Zahl von 1 bis 10, wobei das als Information dienen soll und nicht als Bewertung. 1 steht für „auf gar keinen Fall, bitte“ und 10 für „himmlisch“. Als ich zuhause saß und überlegte, wie ich diesen Inhalt kindgerecht präsentieren soll, wurde mir schlagartig bewusst, wie wichtig dieses Thema ist.

Es ist unheimlich wichtig, Kindern zu sagen,

 

-         dass es in Ordnung ist, eine Berührung nicht zu wollen, und

 

-         dass es okay ist, NEIN oder STOPP zu sagen.

 

Wenn es um den Umgang mit unseren vierbeinigen Mitarbeitern geht, wird leider oft genau das Gegenteil praktiziert. Wenn das Pony zum Beispiel beim Gurten zwickt, wird es kürzer angebunden oder es bekommt diskret einen Klaps, sodass es eine Ruhe gibt.

 

Wollen wir, dass unsere Töchter oder Söhne auch unangenehme Berührungen einfach hinnehmen? Wollen wir nicht, dass unsere Kinder mitteilen können, dass sie lieber langsamer, sanfter oder gar nicht berührt werden möchten? Und wollen wir nicht, dass unsere Kinder das äußern können, ohne Angst vor der Reaktion des anderen zu haben? Man verträgt doch einiges, um seine Liebsten nicht zu enttäuschen oder zu verletzen, mit den möglichen Konsequenzen, die damit zusammenhängen. Finden wir diese Lektion nicht noch wichtiger, wenn Kinder größer werden und ihre Sexualität entdecken?

Glaubt mir, ich habe selbst lange genug Reiteinheiten gegeben, in denen ich das Pferd ermahnt habe, etwas auszuhalten, sodass die Kinder darauf turnen konnten. Damit senden wir aber eine ganz falsche Botschaft! Irgendwann konnte ich es nicht mehr und ich bin froh, dass ich heute die Möglichkeit habe, einiges wettzumachen.

 

Es gibt Berührungen, die wir nicht angenehm finden, aber trotzdem manchmal erdulden müssen. Ob als Mädchen mit langen Haaren, die entknotet werden müssen, oder als Patient beim Arzt, der uns ein Loch im Zahn flicken muss. Ich habe selbst noch ein kleines Zahnarzt-Trauma von meinem grimmigen Kinderzahnarzt damals. Aber was wäre, wenn dem Kind wenigstens zugehört würde, wenn es meint, dass das Bürsten der Haare weh tut? Und was wäre, wenn wir darauf reagieren würden, und langsamer arbeiten oder vielleicht ein Spray zur Hilfe nehmen? Auch Pferde müssen lernen, gewisse Berührungen auszuhalten, ob es wegen der Hufbearbeitung, Zahnbehandlung oder Wundversorgung ist. Wir müssen sie mit ihren kleinen Reitern auch sicher von A nach B führen können – und gerade die Sicherheit muss man im Umgang mit kleinen Kindern besonders großschreiben. Wir können es den Pferden jedoch einfacher machen, indem wir alle Prozesse in kleinen Schritten erklären und achtsam durchführen. Jedes Pferd, wie jedes Kind hat individuelle Vorlieben. Es gibt zum Beispiel einen TTouch, das Lecken der Kuhzunge genannt, der mit einem langen Strich von der Bauchnaht bis zum Rückgrat ausgetragen wird. Manche Pferde akzeptieren das nur mit dem Handrücken, manche lieben es mit den Fingerkuppen.

 

Respekt ist ein Wort, das häufig missbraucht wird, wenn es um Pferde geht. Ich plädiere hier dafür, dass wir die Rechte der Pferde mehr respektieren; und zwar ihr Recht auf Individualität und ihr Recht darauf, ein körperliches und emotionales Befinden höflich(!) auszudrücken. Auch Kinder haben diese Rechte. Und ich hoffe, dass die Kinder, wenn wir ihnen ihre Rechte zugestehen, auch irgendwann zu Erwachsenen werden, die diese Achtsamkeit gegenüber Tieren und Menschen leben.

 

Welches Tier, mit seiner Geduld und Freundlichkeit, eignet sich besser als das Pferd, um diese wichtige Lektion zu vermitteln? Und wo kann man besser anfangen als bei den Kleinsten? So toll und wertvoll das Spiel mit dem Pferd ist, ist es deshalb mein Wunsch, dass die Wertschätzung in der Reitpädagogik nicht untergeht, sondern auch gelehrt wird.