Als ich gestern Abend die Idee hatte, diesen Blogbeitrag zu schreiben, wollte ich ein traurig gestimmtes Emoji hinzufügen. Das hat sich, wie man sieht, verändert. Lest weiter, um zu erfahren, wieso!
Vor kurzem war ich seit langem wieder auf einer Pferdemesse. Es war toll, mit Freundinnen auf einer großen Veranstaltung zu sein und es war interessant, neue Produkte anzuschauen. Aber die paar Vorführungen, die ich gesehen habe, haben mich teilweise sehr bedrückt. Dass Pferde in einer solchen Umgebung gestresst sind, wenn Menschen sich dicht an die Umzäunung drängen und der Lärmpegel sehr hoch ist, ist total verständlich. Mein eigenes Landei würde vor lauter Reizen nicht wissen, wohin es flüchten soll und deshalb wahrscheinlich einfach Gebrauch des letzten „F“s* machen und in Ohnmacht fallen! Am Anfang fand ich es recht interessant, die Körpersprache der Pferde bei der Vorführung zu beobachten. Ein Pferd zeigte zum Beispiel Übersprungshandlungen, wie Gähnen und Ausschlauchen, um mit der Situation zurechtzukommen. Zwei Verhaltensweisen, die in anderen Situationen auch auf Entspannung deuten können. Das Pferd senkte zwischendurch seinen Kopf auch fast bis zum Boden, ein klassisches Beschwichtigungssignal.
Was mich melancholisch gestimmt hat, war die Tatsache, dass dieser Stress nicht angesprochen wurde. Mittlerweile weiß ich, dass sehr viele routinierte Pferdeprofis die kleinen Stresssignale gar nicht erkennen. Nachdem das Wort „Respekt“ in der Pferdewelt jahrelang missbraucht wurde, scheint den Begriff „Vertrauen“ aktuell dasselbe Schicksal zu ereilen. Gehorsam zu sein, ist aber nicht dasselbe wie Vertrauen zu haben!
Versteht mich bitte nicht falsch. Um zu lernen, müssen wir uns alle ein Stückchen aus unseren Komfortzonen entfernen. Bei Pferden ist das nicht anders. Aber das Publikum bei den Shows, das zum Großteil aus Laien besteht, wird die begleitenden Kommentare für richtig halten und glauben, dass die Pferde im Ring entspannt waren. Jeder Laie sieht, dass das Springpferd, das sich bei der Siegerehrung in die Brust biss, gestresst war. Die anderen, viel leiseren Signale, welche die Pferde bei der Vorführung zeigten, erkennt er hingegen nicht. Und weil Gehorsamkeit als schönes Miteinander verkauft wird, werden solche Vorführungen als „schön“ in den Köpfen der Menschen abgespeichert. Und das hat mich traurig gemacht.
Warum bin ich nicht mehr traurig? Ich hatte heute in der Früh endlich eine Stunde Zeit, um Warwick Schillers Podcast mit Linda Tellington-Jones** fertig zu hören. Gegen Ende fragte er, was sie glaube, dass ihre wahre Bestimmung auf dieser Welt sei. Zuerst redete sie über Dankbarkeit und dann kam dieser Satz:
„My next message for the next twenty years is to open the infinite possibility that people will learn to see each of their horses as an individual and recognize each gift each horse brings to our lives.”
Frei übersetzt: „Meine Lehre für die nächsten zwanzig Jahre bezieht sich auf die grenzenlosen Möglichkeiten, die sich daraus ergeben könnten, dass die Menschen lernen, jedes ihrer Pferde als ein Individuum zu sehen und jedes der Geschenke anzuerkennen, das ein Pferd in unser Leben bringt.“
Dann dachte ich: Sei nicht traurig, dass die Pferde gestern nicht gesehen wurden. Es gibt immer mehr großartige Pferdemenschen, die achtsam mit Pferden umgehen und eine große Reichweite haben, um diese Botschaft in die Welt hinauszutragen. Warwick und Linda sind zwei ausgezeichnete Beispiele dafür. Und so entscheide ich mich, voller Hoffnung zu sein und das schließlich ausgewählte Emoji drückt das auch aus!
*Die fünf Fs sind die englische Auflistung der Stressreaktionen beim Pferd, nämlich Fight, Flight, Fidget, Freeze und Faint. Auf Deutsch: Kampf, Flucht, Herumzappeln, Erstarren und in Ohnmacht fallen.
** The Journey On Podcast with Warwick Schiller