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Lass dich von den zehn Prozent nicht unterkriegen!

 

In meiner Arbeit geht es oft um die Veränderung von Mustern, seien es Bewegungsmuster oder Verhaltensmuster. Vielleicht möchte eine Reiterin ihre Hände beim Leichttraben ruhiger halten. Oder sie möchte ihrem Pferd beibringen, beim Übergang vom Schritt in den Trab nicht über die rechte Schulter zu fallen. Oder sie möchte verhindern, dass ihr Pferd sie auf dem Weg zum Viereck zu jedem Grasbüschel hinzieht.

 

Bei meinen ersten Einheiten mit neuen Kunden sind alle Beteiligten in der Regel sehr froh, wenn wir überhaupt irgendeine positive Veränderung erreichen können. Je länger wir zusammenarbeiten, desto häufiger treten die neuen positiven Muster in der Regel aber auf. Später gibt es dann nicht selten einen Unterricht, in dem sich ein Pferd zu 90 Prozent wunderbar benimmt und nur zu 10 Prozent das alte, unerwünschte Verhalten zeigt. Und der Mensch ist dennoch frustriert.

Muster entstehen im Gehirn und haben im Wesentlichen damit zu tun, welche Neuronen miteinander kommunizieren. Wenn ein bestimmter neuronaler Pfad häufig aktiviert wird, wird die entsprechende Bewegung oder das Verhalten vorherrschend, was wiederum zu einer starken Verbindung oder „Autobahn" im Gehirn führt.

 

Solche Muster lassen sich nicht vollständig auslöschen, aber sie können überschrieben werden. Je häufiger eine neue Nervenbahn genutzt wird, desto schneller wird sie zur vorherrschenden Bahn, was zu dauerhaften Veränderungen im Verhalten oder in der Bewegung führt. Wenn diese Veränderungen attraktiv sind, z.B. wenn eine Bewegung weniger schmerzhaft oder ein Verhalten belohnt wird, beschleunigt das den gesamten Prozess und die Veränderung tritt schneller ein.

 

Aber zurück zu meinem Unterricht. Es ist eigentlich wirklich erstaunlich, wie schnell Menschen erwarten, dass die alten unerwünschten Muster vollständig verschwunden sind. Warum das nicht so schnell geht, habe ich oben schon erklärt. Dazu kommt aber noch, dass wir alle evolutionsbedingt dazu neigen, uns negative Ereignisse intensiver zu merken. Das soll uns daran hindern, Fehler, die uns das Leben kosten könnten, zweimal zu machen. Frust und Enttäuschung sind menschlich, aber leider denkbar ungünstige Gefühle, wenn wir mit Pferden zu tun haben. Ich habe sogar zwei Blogbeiträge darüber geschrieben.

 

Ich hätte einen Vorschlag: Lasst uns das Verhaltensmuster, frustriert zu werden, wenn etwas nicht zu 100% klappt, ändern. Legen wir uns stattdessen eine neue Gewohnheit zu! Und zwar uns am Ende jeder Einheit selbst zu fragen: „Welche drei Dinge haben ich und/oder mein Pferd heute gut gemacht?“